Konzept-Entwurf
Garten der Versöhnung - Niemandsland

1. Voraussetzungen

Der „Garten der Versöhnung“ ist ein gemeinsames Projekt der Kirchengemeinden Am Weinberg (Kirchenkreis Berlin Stadtmitte) und Versöhnung (Kirchenkreis Berlin Nordost). Unterstützt wird es vom Grundstückseigentümer, dem Ev. Friedhofsverband Berlin Stadtmitte. Für seinen Bau und die Unterhaltung sollen vor allem Fundraising-Mittel verwendet werden.

2. Idee und Ziel:
Dialog & Kreativität

Der künftige Garten der Versöhnung wird konzipiert als ein Ort der Begegnung und des Dialogs. Nutzer sind Gruppen und Gäste der beiden am Projekt beteiligten Kirchengemeinden. Durch deren Mitarbeitende oder Beauftragte wird der Zugang ermöglicht und der Aufenthalt gestaltet.

Der Gemeindegarten bietet durch seine abgelegene, geschützte Lage nicht nur einen Rückzugsraum für Gespräche und Begegnungen auf seinen Aufenthaltsflächen (Rundbänke um Bäume, Sitzgelegenheiten im Gartengelände). Er bietet ebenso ein Tätigkeitsfeld für praktische gärtnerische Arbeit. Die Gemeinden finden hier ihre reiche Blumenernte an Stauden und Gräsern für den Altarschmuck. Darüber hinaus werden mit der Gemeinde verbundene oder durch sie vermittelte Gruppen und Einzelpersonen in verabredeten und zeitlich befristeten Gartenprojekten eigene Beete (Blumen, Gemüse) und Bereiche in Pflege haben können. Diese Flächen sollen für die Dauer eines Gartenjahres eigenverantwortlich bearbeitet werden. Die Erträge sollen nicht individuell verbraucht, sondern wie in einer „Allmende“ der Gemeinschaft zugute kommen.

3. Verortung

Mit geeigneten Hinweistafeln, Stelen o.ä. sollen interessierte Besucher des Gartenprojektes über seine wechselvolle Geschichte informiert werden können. Es gilt, lokale Gebietsspuren nachzuzeichnen von den Anfängen der Rosenthaler Vorstadt, deren landwirtschaftlichen Nutzung und ihrer im 18.-19. Jahrhundert erfolgten Besiedlung bis zu den Ereignissen in der Zeit der Weltkriege und des Kalten Krieges. Entscheidende Ereignisse der Friedlichen Revolution im Bereich Ostberlins sind von der Gemeinde Am Weinberg ausgegangen. Ein im Garten befindlicher Kiezplan kann „Orte der mutig Engagierten“ der 80er Jahre nachzeichnen, die Rolle der ostdeutschen Kirche auf dem Weg zur Friedlichen Revolution verdeutlichen und die Geschichte der Westberliner Versöhnungsgemeinde aufnehmen. Zudem sollen hier in unmittelbarer Nähe zur Mauer-Gedenkstätte Informationen aufbereitet werden zum politischen Thema „Mauern heute“.

4. Ausstattung und Geländeplanung

Für das Gartenprojekt sind Erschließungsarbeiten vorgesehen, für Wasser und Strom. Als Sanitäreinrichtung werden biologische Toiletten aus Holz geplant, die umweltschonend weder Wasser noch Chemie benötigen. Mit Tischlerfirmen sind die Aufenthaltsmöglichkeiten (zB. Gartenbänke, Baumrunden, Sitzflächen) zu planen.

Das Gartengelände soll von einem Gartenarchitekten / Landschaftsplaner aufgenommen und mit Vertretern aus den Gemeinden konzipiert werden. Großflächige Bodenbewegungen und – Untersuchungen sind nötig. Der Baumbestand soll einer amtlichen Prüfung unterzogen werden. Aus Sicherungsgründen werden Totholz und abgestorbene Bäume entfernt und Ersatzpflanzungen vorgenommen.

5. Lage

Das Grundstück für das Projekt „Garten der Versöhnung“ ist eine nördlich vom Elisabeth-Friedhof abgegrenzte Teilfläche und umfasst ??? qm. Nach Norden, zum Gelände der Kapelle mit dem dazugehörenden Projekt „Roggenfeld“ und der Gedenkstätte Berliner Mauer ist die Fläche begrenzt von einem Zaun und einer Hecke. Nach Osten schließen sich Nachbargrundstücke mit Wohnbebauung an. Nach Süden ist die Fläche durch baulich gesicherte Reste einer Hinterlandmauer zum Friedhof hin begrenzt. In westlicher Richtung befindet sich das umzäunte Gelände des Steinmetzen Michael Spengler und seinem atelier denkwerk. Zugänge sind möglich über den Eingang des Elisabethfriedhofes (Ackerstraße Nr. 37) sowie durch ein verschlossenes Gartentor und über die dazugehörige Metalltreppe vom Kapellengrundstück der Ev. Versöhnungsgemeinde her (Bernauer Straße 4). Bei Erdarbeiten für den Bau der Kapelle stellte sich 1999 heraus, dass sich die Fläche in der Nähe eines früher genutzten Tonstiches befindet.

Die Fläche, die verschiedene Bodenerhebungen und Senken aufweist, wird derzeit vom Friedhof genutzt als zwischenzeitige Ablagerungsfläche für Kompost-Materialien, abgebrochene Grabeinfassungen u.ä., bevor diese weiter transportiert werden.

6. Garten der Versöhnung - geschichtlicher Hintergrund

Als eine Tochter der St.-Elisabeth-Gemeinde wurde 1894 die Versöhnungsgemeinde ausgegründet. Der Elisabeth-Friedhof war damals für den Bau der Versöhnungskirche entwidmet worden. Als sich nach 1961 die Berliner Mauer und ihre Anlagen über Teile des Friedhofes erstreckten, ist die Fläche zu einem brachen „Niemandsland“ im ehemaligen Todesstreifen geworden. Seit dem Mauerfall 1989 und der Rückgabe des Grundstückes an die Kirchengemeinde wurde die Friedhofsfläche nicht mehr mit Grabstätten belegt.

Über die Art und Weise des Erinnerns an die Teilung mit einer Mauer-Gedenkstätte an der Bernauer Straße wurde zwischen beiden Gemeinden jahrelang aus unterschiedlichen Standpunkten her argumentiert. Konfliktreich war in den 90er und 2000er Jahren der Weg zur heutigen Gedenkstätte Berliner Mauer. Das geplante Garten-Vorhaben ist somit seit 1894 und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erstmals wieder ein von Anfang an von beiden Gemeinden getragenes und gemeinschaftlich geplantes Projekt. 121 Jahre nach der Gemeindeausgründung nehmen sich Mutter- und Filialgemeinde ein gemeinsames Projekt vor, den „Garten der Versöhnung“.

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Für die Arbeitsgruppe: Ulrike Garve; Thomas Jeutner; Rainer Just; Eva Maria Menard

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